Fristlose Kündigung der Wohnung trotz Insolvenzverfahren wegen Rückstand Mietzahlung

Fristlose Kündigung der Wohnung trotz Insolvenzverfahren wegen Rückstand Mietzahlung


Ein Vermieter kann eine außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses auch im Falle des eröffneten (oder bereits aufgehobenen) Insolvenzverfahrens auf Mietrückstände stützen, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelaufen sind.

Der Fall

Eine Vermieterin sprach außerordentliche Kündigungen der Wohnung wegen Zahlungsverzuges mit mehr als zwei Monatsmieten aus (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Buchst. b BGB). Die Mieter ihrer Wohnung hatten in den Jahren 2009 bis 2012 nicht oder nur sporadisch die geschuldete Miete entrichtet; auf diese Weise waren weit über EUR 10.000,– Mietrückstände aufgelaufen. Auf Antrag eines der beiden Mieter wurde mit Beschluss vom 17.06.2010 das Verbraucherinsolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet. Die ihm durch das Gericht beigeordnete Treuhänderin erklärte am 01.07.2010 die „Freigabe“ des Mietverhältnisses. Am 18.01.2012 wurde das Insolvenzverfahren aufgehoben und der Schuldner befindet sich in der sogenannten Wohlverhaltensphase der Restschuldbefreiung.

Der Streit

Die Klägerin hatte die im Oktober 2012 ausgesprochene Kündigung auch auf Mietrückstände gestützt, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelaufen waren. Ist dies zulässig?

Nach § 112 Nr. 1 InsO kann ein Miet- oder Pachtverhältnis nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen eines Verzugs mit der Mietzahlung, die in der Zeit vor dem Eröffnungsantrag eingetreten ist, nicht gekündigt werden.

Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens tritt der Treuhänder/ Insolvenzverwalter in alle Rechtspositionen des Schuldners ein. Dem Treuhänder stehen dann viele Sonderkündigungsrechte zu.

Wenn es jedoch um die private Mietwohnung des Schuldners geht, so darf der Treuhänder/Insolvenzverwalter nicht kündigen. Er hat nur das Recht, das Mietverhältnis freizugeben (§ 109 Abs. 1 S. 2 InsO). Im Wesentlichen handelt es sich dabei um die Erklärung, dass der Mieter nach Ablauf der gesetzlich bestimmten Kündigungsfrist selbst für die Mietzahlung verantwortlich ist und nicht die Insolvenzmasse für Mietrückstände haften soll.

Nach Wirksamwerden dieser Enthaftungserklärung geht das Mietverhältnis wieder vollständig in die alleinige Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Mieters/Schuldners über.

Ob die Rückgabe der Mietsache an den Schuldner zur Folge hat, dass der Vermieter eine außerordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzuges mit Erfolg doch auch auf vor Insolvenzantragstellung aufgelaufene Rückstände mit der Mietzahlung stützen kann, war bisher umstritten, wurde aber jetzt vom BGH bejaht.

Die Lösung des BGH

Die Kündigungssperre des § 112 Nr. 1 InsO dient alleine dem Schutz der Insolvenzmasse und gerade nicht dem persönlichen Schutz des bei Insolvenzantragstellung im Zahlungsverzug befindlichen und damit vertragsuntreuen Mieters/ Schuldners vor dem Verlust der Wohnung.

Der vertragsuntreue Mieter darf durch das Insolvenzverfahren nicht auf Kosten des Vermieters einen über die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches hinausreichenden Kündigungsschutz erhalten. Andernfalls müsste der Vermieter das Mietverhältnis auch mit einem Mieter fortsetzen, der einen Rückstand von mindestens zwei Monatsmieten hat auflaufen lassen, auf längere Zeit fortsetzen, ohne dass die Begleichung der Rückstände gesichert ist.

Mit dem Wirksamwerden der Enthaftungserklärung des Insolvenzverwalters/ Treuhänders entfällt deshalb die Kündigungssperre. Der Vermieter ist ab diesem Zeitpunkt nicht gehindert, eine Kündigung des Mietverhältnisses auf Mietrückstände zu stützen, mit denen der Mieter bereits vor Stellung des Insolvenzantrages in Verzug war.

Fazit

Für den Vermieter:

Mit hoher Wahrscheinlichkeit haben Vermieter die Möglichkeit, ein mit erheblichen Mietrückständen belastetes Mietverhältnis auch dann noch zu kündigen, wenn sich der Schuldner in die Insolvenz flüchtet.

Für den Mieter:

Schuldner, die mit Mietrückständen in ein Insolvenzverfahren gegangen sind, sollten nun besonders sorgfältig prüfen, ob ihnen möglicherweise eine Kündigung droht. Sollte eine Kündigung eingehen und Sie sich im SGB II („Hartz IV“) oder SGB XII- Bezug befinden, nehmen Sie bitte unbedingt Kontakt zu Ihrem zuständigen Jobcenter oder Sozialbürgerhaus auf. In München wenden Sie sich bitte an die Fachstelle zur Vermeidung von Obdachlosigkeit des Sozialreferats. Vielleicht kann durch eine entsprechende Intervention eine Räumung vermieden werden.