Zweckentfremdungsrecht

Zweckentfremdungsrecht vermittelt nur begrenzte Eingriffsbefugnisse

Das für Landesrecht in Bayern oberste Verwaltungsgericht, der Verwaltungsgerichtshof München betont in seiner Rechtsprechung der letzten Jahre die begrenzten Eingriffsbefugnisse, die das Zweckentfremdungsrecht den Kommunen bei der Bekämpfung der Wohnungsnot übertragen hat.

Kern der Entscheidungen ist die Aussage, dass das Zweckentfremdungsrecht sich im „Bestandsschutz von Wohnraum“ erschöpft, zurückgehend auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (veröffentlicht in BVerfGE 65, 139, 142 f.).

Das Zweckentfremdungsrecht erlaubt also keine öffentlich-rechtliche Wohnraumbewirtschaftung (BayVGH, B. v. 20.01.2021 – 12 N 20.1706, LS 3 -, Rnr. 42 m.w.N.).

Einschränkungen der Eigentümerbefugnisse müssen vom geregelten Sachbereich her geboten sein; sie dürfen nicht weitergehen, als der Schutzzweck reicht, dem die Regelung dient. Geht dem Wohnungsmarkt durch die Nutzung des Eigentümers selbst kein Wohnraum verloren, weil dieser ansonsten zum Dauerwohnen für andere, insbesondere dem Wohnungsmarkt, gar nicht zur Verfügung stände, besteht ein Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung (BayVGH, B. v. 26.07.2021, – 12 B 21.913 -, juris).

Das Wohnraumzweckentfremdungsrecht erlaubt weder eine öffentliche Wohnraumbewirtschaftung noch eine Prüfung der Angemessenheit des Umfangs einer Wohnnutzung (BayVGH, B. v. 23.03.2022, 12 CS 22.182 -, juris).

In vorgenannter Entscheidung betont der Bayerische Verwaltungsgerichtshof außerdem, dass die Nutzung einer Zweitwohnung schon gemäß der Gesetzeshistorie des Bayerischen Zweckentfremdungsgesetzes selbst keine Zweckentfremdung darstellt. Nachdem eine Zweitwohnungsnutzung im selben Gebäude im Rahmen des Zweitwohnungssteuerrechts privilegiert sei, ergebe sich aus einem Erst-Recht-Schluss, dass im Einzelfall auch ohne bauliche Maßnahmen bei ausreichend objektiven Anhaltspunkten ein Eigentümer im selben Gebäude mehrere Wohnungen bewohnen kann, ohne unter das Zweckentfremdungsrecht zu fallen. Ist die Nutzung einer zweiten Wohnung allerdings nur marginal oder nur zum Schein, kann ein zweckentfremdungsrechtlich zu beanstandender Leerstand gegeben sein (BayVGH, B. v. 23.03.2022, 12 CS 22.182 -, juris).

Das Zweckentfremdungsrecht erschöpft sich im „Bestandsschutz von Wohnraum“, wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hier wiederholt entscheidet; es vermittelt deshalb kein Recht, bestimmte Wohnformen (hier sogenannte Co-Living-Konzepte) in ihrer „Wertigkeit“ zu definieren und gegenüber anderen, insbesondere solchen von längerer Dauer zu diskriminieren oder gar als „sozialschädlich“ anzusehen und deshalb als bekämpfungswürdig zu erachten (BayVGH, B. v. 15.07.2024, 12 B 23.2195 -; juris).

Gemäß vorgenannter Entscheidung wird dem Zweckentfremdungsrecht auch die Möglichkeit abgesprochen, aus generalpräventiven Gesichtspunkten heraus unerwünschte Nutzungen zu bekämpften bzw. zu untersagen.

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Zusammenstellung von Ulrich Scherer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht sowie für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Stand 19.03.2025